Die Umstellung auf Barhuf



Es gibt immer noch viel zu viele Pferde, die an den Vorderhufen, teilweise auch noch zusätzlich an den Hinterhufen, beschlagen sind. Entscheidet sich der Pferdebesitzer dann für eine Umstellung auf Barhuf, ist das Gelingen von vielen Faktoren abhängig.

Zunächst stellt sich die Frage:

Warum und wann sollen die Eisen abgenommen werden?

Die meisten Pferdebesitzer versuchen erst dann ihr Pferd barhuf laufen zu lassen, wenn es fast zu spät ist und das Pferd bereits große Probleme in Form von Lahmheiten oder anderen untragbaren Hufzuständen hat. Es gibt aber genügend Argumente, auch einem scheinbar problemlosen Huf die Chance auf eisenfreie Zeiten zu geben:


Wer nimmt die Eisen ab?

Soll das Pferd in Zukunft von einem Hufpfleger bearbeitet werden, empfiehlt es sich, die Eisenabnahme auch vom Hufpfleger durchführen zu lassen. Zum Einen wird der Hufpfleger die Eisen möglichst materialschonend entfernen, zum Anderen sollte unbedingt die erste Behandlung direkt vom Hufpfleger durchgeführt werden.

Wie wird am Huf gearbeitet?

Der Hufpfleger wird schon bei der ersten Bearbeitung dafür sorgen, dass sich die Hufsituation verbessert und bemüht sein, dem Pferd die Umstellung so angenehm wie möglich zu machen. Es werden z.B. Hebelkräfte an schrägen Wänden minimiert, um sowohl die Wand wieder aufzurichten als auch dem Pferd Schmerzen, welche durch Hebelkräfte verursacht werden, zu nehmen. Deshalb ist es auch so wichtig, daß der Hufpfleger sofort nach der Eisenabnahme die Bearbeitung übernimmt.

Anfangs sind relativ kurze Behandlungsabstände sinnvoll, um den Hufen und dem Pferd möglichst schnell auf den richtigen Weg zu helfen. Die genauen Abstände werden vom Bearbeiter von Termin zu Termin mit dem Besitzer des Pferdes festgelegt werden.

Wie reagieren die Hufe?

Hierzu lässt sich leider keine allgemeingültige Prognose abgeben, selbst am konkreten Fall ist es oft schwierig, die Lage einzuschätzen. Unter dem Eisenbeschlag ist die Hornqualität schlecht geworden, das Horn ist meist weich und bröselig, da ihm die Wachstumsanreize durch den direkten Bodengegendruck fehlen. Ein Barhuf produziert qualitativ hochwertiges Horn, weil durch die Reize verschiedener Böden die Hornproduktion angeregt wird und entsprechend hartes Horn entsteht. Unter dem Eisen fehlen diese Reize, deshalb wird hier auf Dauer die Hornqualität zunehmend schlechter, was sich nach der Umstellung auf Barhuf aber mit der Zeit wieder bessert.

Die meisten Hufe brechen an den Nagellöchern aus; die Intensität der Ausbrüche hängt auch von der Hufsituation ab, schräge Wandanteile werden heftiger ausbrechen als relativ steile Wände. Oft ist nach kurzer Zeit der komplette Tragrand weggebrochen, dann müssen Sohle und Strahl verstärkt Tragefunktion übernehmen. Das kann zu einer so starken Reizung der Sohlenlederhaut führen, daß sie mit einer Entzündung reagiert. Hier sollte gegebenenfalls ein Tierarzt hinzugezogen werden; abgesehen davon kann der Hufbearbeiter dem Pferd mit fachgerechten Hufpolstern Erleichterung verschaffen.

Eine Fühligkeit auf steinigen Böden ist bei der Umstellung normal, denn durch die Eisenabnahme und die wieder einsetzende Hufmechanik spürt das Pferd den Boden unter den Füßen endlich wieder, daher werden Steine und Schotter erst einmal als unangenehm empfunden. Grundsätzlich ist ein Pferd, das auf steinigem Boden vorsichtig läuft, zu beglückwünschen, denn im Gegensatz zu seinen beschlagenen Artgenossen schont es seine Gliedmaßen und läuft nicht rigoros über Stock und Stein, wodurch Gelenke und Sehnen auf Dauer geschädigt werden können.

Ob das Pferd die Umstellung gut verkraftet und relativ problemlos weiterläuft, hängt von der Bearbeitung und der Hufsituation, aber auch in großem Maße von der Mitarbeit des Pferdebesitzers ab.

Was kann und muß der Pferdebesitzer tun?

Zunächst einmal sollte sich jeder Pferdebesitzer, der an eine Eisenabnahme denkt, im Klaren darüber sein, daß sich sein Pferd während der Umstellungsphase in der Rehabilitation befindet.

Das bedeutet, daß viel Rücksicht auf das Pferd genommen werden und auf persönliche Bedürfnisse wie das Reiten auch zeitweilig verzichtet werden sollte. Anfangs sollte das Pferd unter Umständen komplett aus der Nutzung genommen werden, um erst einmal beobachten zu können, wie gut die Umstellung verkraftet wird. Steinige Böden sollten vorerst vermieden werden. Wenn es nicht anders geht, können Hufschuhe Abhilfe schaffen. Ansonsten ist es hilfreich, wenn das Pferd sich frei, z.B. auf der Koppel, bewegen kann, ohne dabei von ranghöheren Artgenossen gescheucht und zum Laufen gezwungen zu werden.

Der Pferdebesitzer muß in jedem Fall Geduld mitbringen, denn wenn das Pferd zu früh wieder in die Nutzung genommen wird, kann dadurch das Gelingen der Umstellung verhindert oder verzögert werden. Jeder sollte sich vorher gut überlegen, ob er womöglich nicht auf das Reiten verzichten will und sich deshalb lieber damit abfindet, daß die Hufe seines Pferdes ggf. in einer schlechten Situation bleiben, oder ob er einige Wochen zugunsten des Pferdes das eigene Vergnügen zurückstellt. Natürlich sieht kein Pferdeliebhaber sein Tier gerne fühlig umherlaufen, aber diese Phase ist von absehbarer Dauer und mit anschließender Gesundung der Hufe verbunden, wohingegen ein scheinbar freudiges Laufen mit Eisenbeschlag nur allzu oft in einer nicht enden wollenden Odyssee der Lahmheiten resultiert.

Anmerkung:

Auch wenn im Text immer wieder vom Reiter/Pferdebesitzer/ etc. die Rede ist, gilt dies natürlich auch für das weibliche Pendant. Aus Gründen der Lesbarkeit habe ich auf die "doppelte" Schreibweise verzichtet.

Seitenanfang

Kompetenz rund um den Huf